Die entscheidende Rolle von Akzeptanz.

Echte Akzeptanz ist der erste Schritt zur Ermächtigung.

Erst nachdem man die eigene Neurodivergenz (oder die anderer) anerkennt, versteht und würdigt, kann man nachhaltige Strategien entwickeln und Schritt für Schritt umsetzen, die das Leben angenehmer und freudvoller machen. Das klingt zunächst sehr einfach, wenn wir jedoch ehrlich sind, ist es das bei weitem nicht.

Es gehören Einschränkungen dazu, nicht alles kann wie von „den anderen“ umgesetzt werden. Oftmals funktionieren die Systeme und Vorgaben der breiten Masse nicht für neurodivergente Menschen. Sei es zu laut, zu hell, zu langsam, das Essen wird nicht vertragen, die Durchhaltefähigkeiten reichen nicht aus, u.v.m.
Und vielleicht hatte man selber für sich oder sein Kind ganz andere Wünsche? Darf sich eingestehen, dass die klassische Karriere, der man schon lange hinterhergerannt ist, gar nicht umsetzbar sein wird ohne sich dabei unglücklich zu machen. In der Erziehung sehen sich Eltern neurodivergenter Kinder mit diversen Challenges konfrontiert und sicherlich ist auch der geduldigste Elternteil einmal genervt, wütend, erschöpft oder verzweifelt.

Buchtipps zum Thema Neurodiversität

Zur Akzeptanz von AD(H)S möchten wir euch gern das (Hör) Buch „Unruhe im Kopf“ von dem Mediziner Gabor Mate ans Herz legen.
Als selbst Betroffener mit mehreren betroffenen Kindern, berichtet er sehr wertschätzend und ganzheitlich. Er unterstützt den Leser/Hörer, Frieden mit der Diagnose zu machen und nach vorne zu schauen.
Insbesondere für den Umgang mit betroffenen Kindern bietet sein Werk sehr gute Erziehungstipps.

Eher praxisorientiert: Heiner Lachenmeier schafft es in seinem Werk „Mit ADHS erfolgreich im Beruf“, wirklich kurzweilig und niederschwellig Verständnis und Hilfestellung für Betroffene oder Angehörige zu bieten.

In einer Welt, die Vielfalt in allen Lebensbereichen immer mehr schätzt, gewinnt auch das Konzept der Neurodiversität an Bedeutung.

Neurodiversität bezeichnet die Tatsache, dass Variationen in der menschlichen Gehirnentwicklung natürlich und wichtig für das kollektive menschliche Potenzial sind. Dazu gehören auch Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) und Autismus-Spektrum-Störungen (einschließlich Asperger-Syndrom). Diese „Abweichungen“ vom Neuronormalen werden auch als Neurodivergenzen bezeichnet.

Neurodiversität: Die neurodiverse Gesellschaft (Blogartikel)

ZDF: Zahlen, Daten, Fakten

Studien zeigen, dass etwa 5-7% der Kinder weltweit mit ADHS diagnostiziert werden, während Autismus etwa 1% der Bevölkerung betrifft. Diese Zahlen können jedoch je nach Diagnosekriterien und geografischer Lage variieren. Unsere subjektiv wahrgenommene Häufigkeit ist um einiges höher, was sicherlich mit dem Fokus auf das Thema, unsere westlichen Standards im Bereich der Diagnostik sowie Klumpungen bei Betroffenen à la: „Wir sind auf der gleichen Wellenlänge und mögen uns “ erklärbar ist.

Der Anstieg der Diagnoseraten in den letzten Jahrzehnten wirft Fragen auf: Erkennen wir besser, was schon immer da war, sind wir schneller bei der Etikettierung normaler Verhaltensvariationen oder führen bestimmte Umstände zu einem Anstieg dieser Ausprägungen?

Mögliche Einflussfaktoren sind mannigfaltig und die Forschung sieht vorrangig eine genetische Prädisposition (oftmals ist die sog. „Hochsensibilität“ mit im Spiel) sowie die Einflüsse aus der Kindheit und dem weiteren Leben als zentrale Aspekte in der Entstehung von Problemen.

Die Zahlen belegen bisher klar, dass die Genetik bei neurodivergenten Zuständen eine entscheidende Rolle spielt. Doch die oben erwähnten Umweltfaktoren wie Geburtskomplikationen, Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft und frühe Kindheitserfahrungen (Traumata) sind ebenfalls relevant. Auch der Lebensstil und die Exposition gegenüber Umwelteinflüssen sind mögliche einflussnehmende Faktoren. Und wie so häufig ist eine klare Abgrenzung in der Statistik schwer, denn durch die hohe Wahrscheinlichkeit der genetischen Weitergabe wird auch das Elternhaus/die Kindheit der nächsten Generation direkt betroffen. Ein Kind mit ADS Prädisposition, das mit 2 AD(H)S Eltern aufwächst, erfährt sehr wahrscheinlich mehr Unsicherheit, Überforderung, Konflikte und Veränderungen der Eltern in seiner Jugend. Leider sind auch Komorbiditäten in Form einer oder mehrerer psychischer Erkrankungen bei neurodivergenten Menschen sehr häufig anzutreffen. Auch die häufigen Probleme mit Süchten und den daraus resultierenden Problemen beeinflussen die Kindheit der nächsten Generation auf jeden Fall.

Stärken von neurodivergenten Personen

Trotz ihrer Herausforderungen sind viele neurodivergente Menschen ganz besonders kreativ, loyal, energiegeladen und fähig, außergewöhnliche Verbindungen zwischen scheinbar unverbundenen Ideen herzustellen.
Ihre Fähigkeit zur Hyperfokussierung kann sie in Bereichen, die sie stark interessieren, zu Spitzenleistungen treiben. Generell spricht man ihnen oft einen besonderen „Spark“ zu, der sie zu geschätzten Freunden und Bekannten macht.

Wichtig bei der Auswahl von Beruf und Hobbies ist ein starkes, intrinsisches Interesse an der Sache. Dann setzten neurodivergente Menschen Berge in Bewegung, nicht selten auch auf Kosten ihrer eigenen Regeneration. Es gibt bereits seit längerem ein wirtschaftliches Interesse seitens grosser (Tech) Unternehmen an neurodivergenten Menschen mit ihren speziellen Begabungen. Im Alltag der meisten Führungskräfte ist das Thema jedoch häufig noch nicht angekommen und hier benötigt es noch mehr Aufklärungsarbeit.

Wie mache ich das Beste aus meiner bunten Persönlichkeit?

Langweilig, jedoch nicht zu unterschätzen: Lebensführung und Routinen

Es tut uns leid uns zu wiederholen, doch gesunde Lebensumstände wie regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf machen den Unterschied.

Ihre Umsetzung erfordert Disziplin und das Etablieren von Routinen, dies zahlt sich jedoch auf jeden Fall aus. Unabhängig von der Entscheidung auf Medikamente zurückzugreifen, kann man damit bereits viel erreichen.

Durch ausreichend Schlaf wird die Impulsivität reduziert. Bewegung reduziert die innere Unruhe und verbessert wiederum den Schlaf. Gute Ernährung und ausreichend Schlaf ermöglicht es uns, mehr Bewegung in den Alltag zu bringen. Ausreichend Schlaf lässt uns wiederum bessere Nahrungsentscheidungen treffen und übermässiges Essen zu reduzieren. Routinen und Arbeitstechniken mit effektivem Pausenmanagement ermöglichen besseren Fokus. Die besseren Arbeitsergebnisse erhöhen die Zufriedenheit mit sich selber, was sich wiederum positiv auf den Kontakt mit anderen Menschen auswirkt. Und so weiter und so fort… Beispiele gibt es viele

Ayurveda als Inspiration

Aus der Perspektive des Ayurveda (der indischen Lehre des gesunden Lebens) können viele der neurodivergenten Symptome, insbesondere bei ADHS, als Ungleichgewicht des Vata-Doshas interpretiert werden.
Dieses Vata-Prinzip steuert die Bewegung und Kommunikation im Körper und ist bekannt für seine Eigenschaften wie Schnelligkeit und Unbeständigkeit, Kreativität, schnelle Auffassungsgabe, Empfindlichkeit, kurze Gedächtnisspanne, Verstopfung, geistige Störungen.
Eine Vata-stabilisierende Lebensweise, die Routine, wenig Reisen, Ruhe und Nährung (Ölmassagen, warme Kleidung, warmes, gekochtes Essen) betont, kann daher durchaus helfen, die Symptome des ADHS zu mildern.

Wie herausfordernd dies sein kann, wissen wir aus eigener Erfahrung, zumal man häufig besonders gern Dinge tut, die einem auf den zweiten Blick eher schaden als nützen. Das Reisen ist hier ein schönes Beispiel: AD(H)S Menschen lieben meist Abwechslung, viele neue Eindrücke und suchen auch das Abenteuer.
Das kann jedoch wenn nicht genügend Ausgleich geschaffen wird, zu einer Verschlechterung der Symptome führen.

Und da kommen die Routinen basierend auf Selbst(er)kenntnis wieder ausgleichend ins Spiel. Man darf reisen, schafft sich jedoch genügend Ausgleich und passt seine Reiseplanung an die eigenen Bedürfnisse an (bspw. keine Nachtflüge, Sicherstellung der benötigten Ernährung, Ruhezeiten).

Die Arbeit mit einem auf neurodiverse Personen spezialisierten Coach kann einen großen Unterschied machen.
Diese Experten helfen bei der Strukturierung des Alltags, der Entwicklung von Strategien zur Stressbewältigung und bieten Unterstützung bei der Navigation in sozialen Situationen.
Bei der Kreation, Anpassung und langfristigen Umsetzung von eurer persönlichen Routine unter Berücksichtigung der genannten Aspekte unterstützen wir euch sehr gern!